Josi beim Maratona d´les Dolomites

Vor ein paar Monaten erhielt ich am Abend einen Anruf von unserem Directeur Sportif Daniel und er fragte mich ob ich Lust hätte, beim Maratona d´les Dolomites am 3. Juli zu starten. Die Überlegung meinerseits fiel relativ kurz aus, denn erstens hatte ich sehr wohl Lust und zweitens war die Bedingung, noch am selben Tag zusagen zu müssen und die Anmeldeformalitäten zu erledigen. Jetzt musste ich nur noch ein paar Urlaubstage beantragen und dem Start stand nichts mehr im Wege!

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Der Maratona ist ein sehr bekannter und großer Radmarathon in den italienischen Dolomiten, der heuer schon zum 30. Mal ausgetragen wurde. Normalerweise ist es für Normalsterbliche, ähnlich wie beim Ötztaler Radmarathon, nur durch Losglück möglich, überhaupt einen der begehrten Startplätze zu ergattern. Hat man diesen bekommen und bezahlt, steht man bei der ersten Teilnahme in der Regel am hinteren Ende eines ca. 10.000 Menschen großen Starterfeldes und da der erste Anstieg unmittelbar nach dem Start folgt, sind hier Staus und großer Zeitverlust vorprogrammiert..
Umso größer war meine Freude als ich erfuhr, dass meine Teilnahme nicht nur gratis war, sondern ich auch das Privileg haben sollte, im allerersten Startblock stehen zu dürfen (Startnummer 1-1000)! Ein großer Dank geht hier an Castelli und insbesondere Berthold Blattmann, der uns bzw. mir das ermöglichte!
Wie es der Zufall wollte erhielt auch mein Freund und Trainingspartner Hannes Lederer, ein starker Amateurfahrer von Format RC, über Castelli und seinen Verein einen Startplatz. Grundsätzlich gibt es bei diesem Bewerb drei Strecken zur Auswahl, wir entschieden uns beide für die längste Variante über 138 km und ca. 4.200 hm.

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Am Samstag, dem 2. Juli war es dann soweit und ich reiste zusammen mit meiner Freundin Rebekka nach Südtirol an. Aufgrund der hohen Teilnehmerzahl hatten wir ein Quartier etwas außerhalb von Start- und Zielort in Wolkenstein gebucht. Schon bei der Ankunft und der Startnummernausgabe wurde die Größe des Events deutlich, es wimmelte nur so von Fußgängern, Radfahrern, Autos etc., die alle wegen dem Maratona hier waren. Die Organisation war trotzdem sehr gut und die Formalitäten waren schnell erledigt.

Am Morgen vor dem Start brachte mich dann Rebekka mit dem Auto über den Gardenapass in die Nähe des Starts. Dieser war für 06:30 angesetzt, und schon um ca. 05:45 waren die umliegenden Straßen voll von Teilnehmern, die zum riesigen Startbereich rollten.
Der Tag sollte für mich allerdings nicht gut beginnen, denn leider hatte ich den Fehler gemacht, mein Rad im Auto liegen zu lassen und es verabsäumt, am Vorabend nochmal genau durchzuchecken, wie ich es normalerweise vor Bewerben immer mache. Als ich es aus dem Auto hob fiel mir sofort das rote Warnlicht an meinem Powermeter auf, das für eine komplett leere Batterie steht. Da es zuvor keine Warnungen auf meinem Garmin gab und mir das zuvor auch noch nie passiert war, hatte ich damit überhaupt nicht gerechnet. Jeder, der schon länger nach Leistung trainiert und versucht, seine Rennen danach einzuteilen kann sich wahrscheinlich meinen Ärger in diesem Moment vorstellen! Aber jetzt war es zu spät irgendetwas daran zu ändern, ich musste mich in den Anstiegen eben nach Gefühl und Herzfrequenz richten!

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Ich rollte also zum Start, stellte mich in etwa der Mitte des ersten Startblocks auf und pünktlich um 06:30 ging es dann, begleitet von TV-Hubschraubern, prominenten Kommentatoren und vielen Zuschauern los.
Ich versuchte, mich bis zum Beginn des ersten Anstiegs, dem Passo Campolongo, weiter nach vorne zu orientieren und sobald der Berg begann, mein Tempo zu finden, was mir mangels Leistungsanzeige zunächst etwas schwerfiel. Wie viele wahrscheinlich wissen, ist der Puls, besonders in der Startphase eines großen Bergmarathons um 06:30 nach einer langen Anreise und einer Nacht mit wenig Schlaf nicht unbedingt der zuverlässigste Parameter, um seine tatsächliche Belastung einschätzen zu können.. Ich hielt mich also aus Angst, schon am Beginn zu überdrehen, eher zurück und fand dann erst im schön gleichmäßigen zweiten Anstieg zum Pordoipass meinen Rhythmus.

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Zu dieser Zeit war die Straße durch Regen in der Nacht und die feuchte Luft noch nass, das Wetter sollte aber im Laufe des Rennens immer besser werden. In den Abfahrten war also noch Vorsicht geboten, nach dem Pordoipass ging es aber gleich weiter aufs Sellajoch. Auch dieser Anstieg war schön zu fahren und ich kam ohne Schwierigkeiten oben an. Nach erneuter kurzer Abfahrt folgte der Gardenapass, den ich zumindest vom Autofahren schon kannte. Davor stand aber dankenswerterweise noch meine Freundin Rebekka mit 2 vollen Trinkflaschen, um die weitere Verpflegung musste ich mir also keine Sorgen mehr machen!

Die lange Abfahrt vom Gardenapass hinunter Richtung Corvara war mit Vorsicht zu genießen, hier war die Straße nach wie vor nass und es hing dichter Nebel in der Luft, was die Sicht einschränkte und auch das Benutzen der Brille unmöglich machte. Trotzdem ging es zügig und sicher voran und nach einer Zieldurchfahrt wurde erneut der Campolongo in Angriff genommen. Nach der Abfahrt, die ich aufgrund der auftrocknenden Straße nun schon etwas rasanter angehen konnte, folgte der einzige kurze flache bzw. wellige Abschnitt dieses Marathons. Hier konnte ich mich gut mit einer Gruppe mitfahren, bevor dann der schwierigste Berg des Tages, der Passo Giau mit 9,4 km Länge und einer durchschnittlichen Steigung von 9,5% auf uns wartete. Hier musste ich das erste Mal an meine Reserven gehen, der durchgehend steile Anstieg wollte einfach nicht enden! Eine knappe Stunde quälte ich mich hier hinauf, stets darauf bedacht, nicht zu langsam zu werden und trotzdem noch ein paar Körner für den Passo Falzarego aufzusparen.. Mehrmals wanderte mein Blick suchend zu dem Feld auf meinem Garmin, an dem normalerweise die aktuellen Watt angezeigt werden, nur um wieder eine leider fehlende Anzeige vorzufinden. Nichts desto trotz war ich dann irgendwann oben, nahm an der Labe ein paar Schluck Cola und ein Stück Banane und warf mich in die lange Abfahrt, die unten dann direkt in den letzten langen Anstieg, den Passo Falzarego überging. Dieser ist zwar auch relativ lang, aufgrund der geringeren Steigung aber angenehmer zu fahren. Hier kam ich wieder in einen guten Rhythmus und konnte einige Plätze gut machen. Gleichzeitig überholten mich aber auch immer wieder deutlich stärkere Fahrer mit sehr hohen Startnummern, die also ganz hinten gestartet waren und jetzt erst zu mir aufschließen konnten. Einmal mehr wurde mir die Bedeutung einer niedrigen Startnummer bei diesem Bewerb bewusst, denn es zählt zwar die Nettozeit ab dem Überfahren der Startlinie, trotzdem verloren diese Fahrer sicher viel Zeit im Stau hinter langsameren Teilnehmern..

Nach einer sehr flotten Abfahrt ging es schließlich ins Finale, es warteten noch ein paar flache km und vor allem die berüchtigte Mur di Giat, eine kurze aber sehr steile Rampe kurz vor dem Ziel! Diese wurde heuer (so wie der Großteil der Maratona-Strecke) auch bei der Königsetappe des Giro befahren, bei der Georg Preidler den dritten Platz erringen konnte!

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Jetzt war es dann aber so gut wie geschafft! Auf den letzten km hatte ich die Zeit im Auge, mein Plan war es unter 6 Stunden zu bleiben, was mir mit 5:54 dann auch gelang (platzierungsmäßig entspricht das ca. Platz 300 von 4200 Teilnehmern im Ziel auf der langen Strecke).
Im Ziel warteten schon Rebekka und Hannes mit seiner Freundin auf mich. Hannes war, obwohl er nicht gerade als italienische Bergziege bekannt ist und er noch dazu laut seiner Aussage den bisher schlechtesten Tag am Rad überhaupt hatte, schon über 20 Minuten vor mir im Ziel angekommen.

Gemeinsam ließen wir den Tag dann im Zielbereich und am Abend bei einem guten Essen ausklingen.